Dass man mit „Deinem Freund und Helfer“ in Afrika mehr Kontakt hat als in Deutschland, wussten wir schon aus Marokko. In Marokko haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Polizisten, die dort vor und hinter jedem größeren Ort Kontrollposten haben, Touristen meist durchwinken. Vor allem aber haben wir in Marokko die Polizei als absolut korrekt wahrgenommen – mit vorgedruckten Bußgeldbescheiden; wohl dank des Umstands, dass der marokkanische König der Korruption den Kampf angesagt hat.
In Ghana sieht die Welt ein klein wenig anders aus. Polizeikontrollen gibt es auch in Ghana reichlich. Zum Teil als richtige Straßensperre. Im Gegensatz zu ihrem marokkanischen Kollegen interessiert sich der ghanaische Polizist durchaus für Nicht-Einheimische. Also hatten wir genug Gelegenheit zur Kontaktaufnahme
Unsere „Learnings“
Erfahrung 1: Der ghanaische Polizist freut sich über ein Schwätzchen. Er findet es super, wenn man ihm erzählt, wo man schon im Land war und was man sich noch ansehen möchte. Besonders gut kommt an, wenn man ihm das auf der Papierkarte zeigt. Noch besser kommt an, wenn man sich mit dem Hinweis auf seine tollen Abzeichen auf seiner Uniform nach seinem Dienstgrad erkundigt, einen möglichst hohen Dienstgrad vermutet und ihm zu seiner Karriere gratuliert. Verabschiedet wird sich dann mit ausgiebigem Hände-Schütteln.
Erfahrung 2: Vor dem Verabschieden kommt (nicht immer, aber doch in gefühlt der Hälfte der Fälle): „Do you habe something for me?“. Zum Teil kommt die Frage recht schnell am Anfang, manchmal auch erst nach dem Schwätzchen mit der Ergänzung „You are now my friend. Do you have something for your friend?“ Bis auf einen Fall war dieses Spielchen aber immer im netten, freundlichen Ton und mit einem Lachen. Unsere Routine war dann: Schritt 1: Wir haben dem Herrn (es waren nie Frauen) ein kühles (!) Wasser angeboten. Unser Auto hatte nämlich praktischerweise ein Kühlfach in der Mittelkonsole. Das kam meistens super an und wir haben uns nett verabschiedet. Manchmal kam die Frage, ob wir nicht noch ein Wasser für den Kollegen hätten, der die Gegenfahrbahn kontrolliert.
Wenn der „Freund und Helfer“ signalisierte, dass mehr als ein Wasser ganz schön wäre, hat Bianca ihm Bonbons angeboten. Das führte meist auf beiden Seiten zu Grinsen, weil beiden Seiten klar war, dass Bonbons nicht ganz das waren, was sich der Kollege in Uniform erwünscht hatte… Nur selten lies sich Straßensperre nur gegen Einwurf kleinerer Geldbeträge wegräumen. Wenn wir mehr Geduld gehabt hätten, hätte es vermutlich auch ohne Geld funktioniert. Das ist halt immer die Frage: Spielt man das Spielchen mit und zahlt was (ja, und fördert damit natürlich die Korruption, weil der Polizist mit seinem Verhalten ja am Ende Erfolg hatte) oder stellt man sich stur (was dann Zeit und Nerven kostet). Hier klaffen bei mir (zumindest noch) Theorie und Praxis auseinander. In der Theorie würde ich mich für die zweite Alternative entscheiden, um so einen kleinen Teil zur Korruptionsbekämpfung beizutragen. In der Praxis lande ich bei Alternative 1… Wer weiß, vielleicht würde ich bei längerem Aufenthalt in Afrika entspannter, weniger nervös und besser im „aussitzen“.
Erfahrung 3: Knöllchen sind verhandelbar! Auf der Nationalstraße schwimmen wir so mit dem Verkehrsfluss mit und werden wegen überhöhter Geschwindigkeit angehalten. Ok, erwischt
In Marokko wäre das jetzt so gelaufen: Man bekommt ein vorgedrucktes Knöllchen, auf dem das Vergehen angekreuzt wird (zu schnell, rote Ampel…) und zahlt umgerechnet 40 Euro (auch der Preis ist eingedruckt).
Anders in Ghana. Der offizielle Prozess (an den sich glaub ich keiner hält) wäre: Man bekommt ein Ticket ausgestellt, geht damit am nächsten Tag zum Gericht und dort entscheidet ein Richter über die Strafe.
Wir hatten den Eindruck, dass die wenigsten Lust hatten, am nächsten Tag zum Gericht zu gehen. So auch wir. Also gefragt, ob wir das Ticket nicht auch hier vor Ort zahlen könnten, weil wir am nächsten Tag weiterwollten. Antwort: Nein, das Ticket kann man vor Ort nicht zahlen. Es gibt aber die Möglichkeit auf das Ticket zu verzichten und vor Ort was ohne Quittung zu zahlen. Aha. Dann wird über den Preis verhandelt. Die erste vom Polizisten genannte Zahl ist natürlich viel zu hoch. Nach einigem hin und her einigen wir uns und fahren weiter.
Erfahrung 4: Die meisten Polizisten sind gut drauf; nur die vor Cape Coast nicht. Auf der Nationalstraße nach Cape Coast haben wir auch ein Knöllchen kassiert: Für mit Flip-Flops Auto fahren (was wohl wirklich nicht erlaubt ist, wie uns später Jens Kollege bestätigt hat). Der Polizist, der dummerweise auch unsere erste Erfahrung mit der Polizei in Ghana war, war doch ziemlich unfreundlich.
Auch hier war das Spielchen: Wir verhandeln über das Knöllchen. Aber halt nicht in so einem netten und freundlichen Ton wie bei dem „Speeding-Ticket“ oder bei späteren Kontrollen ohne Ticket. Da das unsere erste Polizeikontrolle war und das auch noch an einem auch sonst recht intensiven Tag, dachten wir danach schon: Das kann ja heiter werden hier. Aber der Polizist vor Cape Coast (ist übrigens eine feste Kontrolle, die immer das steht), blieb die Ausnahme. Später erfuhren wir von Jens Kollegen, dass dieser Polizeiposten wohl berühmt berüchtigt ist und Jens Kollege dort vor kurzem auch eine halbe Stunde mit dem Polizisten diskutiert hat.
Note to myself: Nein, nicht in Deutschland bei der nächsten Polizeikontrolle den Jungs und Mädels ein Wasser anbieten. Könnte irgendwie schräg ankommen…