Es ging ein Raunen durch Globetrotter-Kreise, das lange nur für Geschäftsreisende auf Einladung besuchbare Saudi-Arabien stellt erstmals Touristen-Visa aus.
Kurzentschlossen legen wir uns fest – die Winterreise 2020 geht in den Wüstenstaat.
Visa gibt es online
Und wirklich, der Visa-Prozess (https://visa.visitsaudi.com/)dauert pro Person keine 5 Minuten, der Reisepass (wegen Passnummer, Gültigkeitsdaten), ein niedrig aufgelöstes Passfoto und eine Kreditkarte reichen. Kuriosität am Rande: Man muss zwingend eine Saudi-Krankenversicherung abschließen.
Also wie weiter?
Einen Reiseführer gibt es noch nicht, aber viele gute Informationen von Menschen die im Land leben (z.B. https://www.nadaalnahdi.com/taif/) und von der Regierung (https://www.visitsaudi.com/en) – also kopieren wir uns alle greifbaren Informationen in ein OneNote, damit wir auch unterwegs drauf zugreifen können.
Wie hinkommen ?
Flüge gibt es sehr viele, schließlich ist Rhyiad (Riad) ein Machtzentrum in der Region. Wir finden einen Direktflug mit der Lufthansa ab Frankfurt (LH636 und 637), der aus unserer Sicht zu seltsamen Zeiten fliegt – landet gegen 19.00 Uhr (lokal) und fliegt gegen 1.50 Uhr morgens (lokal) zurück, uns aber den Stress des Umsteigens spart.
Später werden wir lernen, dass das Leben in Saudi oft in den späten Abendstunden sich abspielt. Viele Läden haben AB 16.00 Uhr erst auf, dafür bis 23.00 Uhr oder später.
Wie im Land bewegen?
Ein Auto zu mieten um selbst zu fahren ist grundsätzlich kein Problem. Ab Flughafen gibt es aber nur die Fahrzeuggruppen, die üblicherweise den Reisekostenregeln von Unternehmen entsprechen (also „Compact“ und kleiner) für 50-60€/Tag. Die Benzinkosten sind nach deutschen Maßstäben zu vernachlässigen, der Lister um die 40 ct.
Einen 4×4 von Deutschland zu reservieren ist selbst mit der Hilfe der Profis von Amex Travel unmöglich. Auch im Land selbst scheitern wir an einem „Upgrade“ oder Tausch. Wenn 4×4, dann in der Kategorie Luxus-SUV (wie Chevy Tahoe oder Toyota LandCruiser V8) für 300 Euro am TAG.
In den Städten selber fahren ist recht anstregend, der lokale Fahrstil sehr gewöhnungsbedürftig. Wir empfehlen (mangels ÖPNV) Taxi oder UBER Letzteres hat mit der Buchung per App den Vorteil, das es keine Verständigungsprobleme gibt, der Fahrpreis vorher recht genau bekannt ist und die Abrechnung sicher über die App geht.
Was packen?
Klar, eine Frau sollte eine Abaya tragen – aus unserer Sicht ein unförmiger schwarzer Sack. Ob ein Kopftuch getragen werden muss, da hatten wir unterschiedliches gehört.
Bianca hat also im Internet eine Abaya gekauft, ganz billig sind die auch nicht. Was sonst einpacken? Wir hören, dass die Saudis ehr formell unterwegs sind, sehen eigentlich keinen Mann auf Bildern mit kurzen Armen rumlaufen.
Also packen wir für einen Trip in einen Wüstenstaat langärmelige Sachen, lange Hosen und sogar einen Anzug für Jens ein.
Statt 24 kg (zu zweit) wie sonst haben wir rund 36 kg Gepäck – und holen zum ersten mal seit langen wieder die „ordentlichen“ Koffer aus dem Keller.
Wo wohnen?
In der Internetsuche finden sich fast nur die Ableger der üblichen Ketten- / Businesshotels. Kleine B&B sind offenbar unüblich, also buchen wir für die ersten drei Nächte das Radisson Blu in der Stadt.
Auch vor Ort sehen wir keine für uns erkennbaren kleineren Unterkünfte. Bisher waren es eben nur Geschäftsreisende, die ins Land kamen – entsprechend ist das Angebot.
Eigentlich versuchen wir die Ketten ja zu vermeiden, das fühlt sich immer so nach Dienstreise an. Vielleicht findet man was, wenn man arabisch lesen und sprechen kann – da müssen wir aber passen.
Wie online sein?
Noch am Flughafen kaufen wir zwei Prepaid-SIM des lokalen Anbieters Mobily – einmal für das iPhone, das auch zum Navigieren dient mit 100 GByte (!) Datenvolumen (https://shop.mobily.com.sa/mobileplan/) und einmal einen „normalen“ Tarif mit weniger Datenvolumen für das andere Telefon.
Den Schalter findet man leicht, nach der Ankunft links raus
in blau beleuchtet und belagert. Das Werkzeug zum SIM-Karte wechseln gibt es
auch gleich vor Ort.
Ankommen in Rhyiad
Der Flug mit der Lufthansa ist wie erwartet unspektakulär. Statt „Pasta or Chicken“ gab es dieses mal „Beef“, das sich als erstaunlich essbar erwies.
Etwa die Hälfte der Passagiere fliegt weiter nach Bahrein, wir steigen am ersten Stop aus. Die aussteigenden Frauen hüllen sich nach der Landung alle in eine Abaya, die meisten lassen aber das Kopftuch weg.
Um zu vermeiden, dass Transit-Passagiere aussteigen, müssen wir vor Betreten des Flughafengebäudes noch mal die Bordkarten vorzeigen – zum Glück konnten wir unterwegs die Smartphones laden.
Bei der Einreisekontrolle dann ein ähnliches Setup wie in den USA, nur deutlich kompakter gebaut. Für Touristen wird der sprichwörtliche Rote Teppich ausgerollt. Wir sehen eine lange Schlange die sich mehrfach windet und rechts daneben einen „Fast-Track“ für Tourist-Visa-Holder. Also verkehrte Welt, die Business Caspar müssen lange anstehen, wir gehen sehr direkt durch.
Es werden Fotos gemacht, Fingerabdrücke genommen – langsam hat unsere die ganze Welt, bist auf Deutschland. Nach wenigen Minuten sind wir drin. Erwartet hatten wir intensivere Kontrollen, vorsichthalber sogar die Strand-Fotos von den Telefonen gelöscht.
Schnell sind auch die Koffer auf dem Band und noch ein freundliches Nicken vom Zollbeamten – dann stehen wir in der Ankunftshalle.
Die Car-Rental-Companies haben ihre Schalter alle nebeneinander -alle zusammen sind schmaler als der durchschnittliche Sixt Schalter an einem deutschen Provinzflughafen.
Für die Vermietung werden Pass, Führerschein (national + international), Visum und Kreditkarte kopiert. Der Wunsch nach einen 4×4 ist unerfüllbar, auch die Nachbarn haben keine Verfügbar (sagt der Hertz Mitarbeiter). Also fahren wir mit einem KIA Sportage in den Samstagabend (was in Saudi dem Sonntagabend entspricht). Das Auto ist fast neu, aber entgegen aller üblichen Gepflogenheiten nur halb getankt.
Der Verkehr ist deutlich stärker als wir erwartet hätten und wir lernen sehr schnell, das Autofahren in Saudi eine besondere Herausforderung ist. Das die Verkehrsfläche unabhängig von Markierungen optimal genutzt wird kennen wir ja – aber der Fahrstil ist deutlich aggressiver. Wir sehen auch mehrere kleinere Blechschäden unterwegs, die meisten Fahrzeuge tragen Kampfspuren.
Rhyiad zeichnet sich durch eine bestens ausgebaute Nord-Süd Autobahn aus, durchgehend mindestens sechsspurig. Gefahren werden darf dort zwischen 90 und 120.
So bald man es schafft davon runter zu kommen, hilft nur noch eine Online Karte, da offenbar eine Vielzahl von Straßen neu gebaut / saniert werden. Die Baustellen sind auch immer mit massiven Betonblöcken abgesperrt und in der Regel nur in eine Richtung zu befahren.
Im Hotel angekommen erhalten wir zur Begrüßung einen Haus-Cocktail – natürlich nur aus Fruchtsäften. Aber wenn das immer so schmeckt braucht es auch keinen Alkohol…
Unser Zimmer überrascht uns auch – wir haben eine „normales“ Zimmer gebucht und verlaufen uns auf 50m² …