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Saudi Back Country

Wohin nach Jeddah? Al Ula im Norden ist ziemlich weit und nach unseren Recherchen derzeit nur im Rahmen von Festival-Events zu besuchen. Gegen Festival ist ja im Prinzip nichts einzuwenden – aber die Preise haben es doch in sich. Denn: Man bucht nicht ein Ticket für z.B. ein Konzert sondern ein Paket mit Konzert, Übernachtung – und – FLUG. Hmm, letzterer macht das Ganze dann doch zu teuer. Also verschieben wir Al Ula auf das nächste Mal. Ab Oktober 2020 soll man Al UIa individuell besuchen können.

Auf die gleiche Strecke zurück nach Riad haben wir keine Lust. Also beschließen wir, uns das Hinterland und die kleineren Städte anzusehen. Über eine Zwischenübernachtung in Afif geht es zum Ushaiquer Heritage Village und dann nach Al Majma’ah.

Auf dem ersten Streckenabschnitt fallen uns die – im Vergleich zum übrigen Land – zahlreichen Reisebusse auf. Gibt es hier doch Überland-ÖPNV? Bei genauerem Hinsehen verstehen wir: Es handelt sich um Busse für Pilger, die so von Mekka nach Medina (und umgekehrt) kommen. Als die Straße nach Medina abgeht, sind auch die Busse verschwunden. Die weitere Strecke nach Afif ist nicht gerade ein Hauptverbindungsstraße – aber trotzdem ausgebaut wie eine Autobahn.

Entlang des Weges gibt es immer wieder kleinere Orte und große Rastplätze mit Tankstellen. Typisch für Saudi und so ganz anders als z.B. in Marokko: Man sieht keine Leute herumstehen oder sitzen, keine Kinder herumspringen, keine Alten miteinander den Tag verbringen. Die Häuser sind von hohen Mauern umgeben. Auch in den Dörfern findet das Leben im privaten statt.

Afif empfängt uns als Mittelzentrum der Region, mit Krankenhaus und Geschäften, in denen man sich mit allem, was man braucht, versorgen kann. Im einzigen Hotel werden wir vom Hotelmanager, einem Ägypter, sehr herzlich empfangen und werden mit Wasser und Fruchtsaft versorgt.

Bei unserm Spaziergang durch Afif stellen wir wieder fast, was wir eigentlich schon wussten: Die Orte sind nicht zum Spazierengehen gemacht. Gehwege sind mal da, mal nicht. Ein Café finden wir mal wieder nicht. Der Eindruck setzt sich am Abend fort. Es gibt genug Läden, in denen man Take-out Essen kaufen kann. Hiervon machen die Einheimischen auch rege Gebrauch: Mit dem Auto vorfahren, Essen kaufen, wegfahren. Hinsetzen kann man sich in den meisten Läden nicht – und wenn doch, ist es ziemlich ungemütlich. Es sitzt auch keiner da.

Fast-Food Bestell-Terminal mit einem Saudi-Paar (sie voll verschleiert, er im traditionellen Gewand)

So landen wir bei McDonalds. Auch ein Erlebnis! Der übliche große Raum ist mit Stellwänden und Vorhängen unterteilt, so dass auch hier die Privatheit gewahrt wird und Frau den Gesichtsschleier ablegen kann – bestellt wird ganz modern mit dem Touchscreen-Terminal, das mittlerweile Standard bei McDonalds ist.

Apropos Gesichtssschleier: In Afif sieht man Ausschließlich vollverschleierte Frauen. Kein Vergleich zu Riad oder Jeddah. Es wird noch dauern, bis der Aufbruch in den ländlichen Regionen ankommt. Was andererseits wenig verwundert: Vom Berlin der 20er Jahre war im Jülicher Land wohl auch wenig zu spüren.

Nach einem Kaffee und einer herzlichen Verabschiedung von Khalid, dem netten Hotelmanager, geht es weiter Richtung Ushaiqer Heritage Village. Wieder durch ländliche Gebiete mit – für deutsche Verhältnisse – riesigen Straßen. Und wieder keiner in den Orten auf der Straße. Wenn wir eins in Saudi vermissen, dann das quirlige Straßenleben. Auch wenn in einigen afrikanischen Ländern die Kiddies manchmal nerven und man – egal wie einsam die Gegend scheint – niemals allein ist: In Saudi ist uns das Leben ein wenig zu privat.

Wir kommen durch Schaqrā – eigentlich ein weiterer kleiner Ort kurz vor Ushaiqer, durch den wir nur durchfahren wollten. Jens sieht aber ein braunes Hinweis-Schild, das – wie auch in Deutschland – auf eine Sehenswürdigkeit hinweist. Also kurzum zum „Historic Center“ abgebogen. Einige Minuten später stehen wir vor dem alten Stadtkern – eine Siedlung aus Lehm und Holz. Zum Teil schon top restauriert, zum Teil noch verfallen. Wir schlendern durch die Gassen – völlig allein. Keine Menschenseele weit und breit – auch kein selbsternannter  „Guide“, der sich etwas dazu verdienen möchte. Und das, obwohl es durchaus schon Infrastruktur im Historic Center gibt: Beschilderung (die wir zwar mangels Arabisch-Kenntnissen nicht lesen können), einen Rundweg und funktionierende und saubere Toiletten.

Einige Kilometer weiter erleben wir Ushaiqer Heritage Village ganz ähnlich. Es ist größer und es gibt auch Shops und ein Restaurant. Diese haben aber nur am Freitag auf. Wir haben wieder den Luxus, ganz allein durch die Gassen und Oasengärten zu schlendern.

Unser Übernachtungsstopp Al Majma’ah präsentiertz sich am Abend ähnlich wie Afif. Der Ort ist zwar größer, aber Restaurants sind wieder fehl am Platze. Von Duzenden Take-Aways abgesehen. Diesmal landen wir bei PizzaHut (geht doch nichts über gesunde Ernährung) und sind hier die einzigen Gäste. Kleine Notiz am Rande: Der Kellner bringt nur eine Speisekarte – für den Mann

Bereits auf dem Weg hin zu Abendessen waren uns zwei Camping-Läden aufgefallen. Denen müssen wir doch eine Besuch abstatten. Man bekommt alles, was das Camper-Herz begehrt: Geschirr, Grill (in allen Größen), Töpfe (auch gerne 50 Liter), Teppiche für den Zeltboden, Taschen… Bei den Taschen werden wir schwach und kaufen kurzerhand welche als Ausstattung für den Lux.

Camping in Saudi

Im Campingladen merken wir: Saudis lieben Campen: in großer (Familien-)Gruppe und eher stationär. Es werden große Zelte aufgebaut, mit weichem Teppich ausgelegt und gemeinsam gegessen und Kaffee oder Tee getrunken.

Einen riesigen „Dauer-Camper-Platz“ entdecken wir am nächsten Tag. Auf dem Weg nach Riad beschließen wir, einen kleinen Umweg zu fahren und zu schauen, was denn der auf der Karte eingezeichnete Thumamah National Park ist. Bei Nationalpark denken wir sofort an Naturschutzgebiet – das trifft es aber nicht so ganz. Thumamah ist ein Sandgebiet mit kleinen Dünen von etwa 60 km Länge. Über fast die gesamte Länge ziehen sich große Zelte. Die meisten scheinen privat zu sein. Nur ab und zu deutet ein buntes Schild mit einer Telefonnummer darauf hin, dass man wohl auch Zelte mieten kann. Quad-Verleihs und Spuren in den Dünen deuten darauf hin, dass hier im Sand gespielt wird

Wir sind ein wenig neidisch mit unserem 2-Wheel-Drive und hoffen, dass man in paar Jahren in Saudi Geländewagen mit Camping-Ausrüstung mieten kann. Zu gern würden wir die Wüste erkunden und den Sternenhimmel bewundern.