Ausgeschlafen und erholt starten wir auf 630 m Höhe den Tag, Heute wird es dann doch nach Albanien gehen – übernachten wollen wir bei Himare frei am Strand oder wenn das nicht klappt weil wir die Zufahrt nicht finden auf dem Camping Kranea—auch wenn wir uns mal wieder nicht an den Namen und die genaue Lage erinnern können (Note to self: N 40° 6.446“ O 19° 43.616“)
Nach kurzem Kartenstudium aktiviert Jens die von Open Street Maps runtergeladenen Albanien Karten und wir geben als Ziel Gjirokaster ein. Als wir vor zwei Jahren zuletzt da waren, hat es bei 40°C im Schatten nicht zu mehr als einer schnellen Besichtigung der Festung gereicht. Dieses Mal möchten wir noch eines der alten Patrizierhäuser aus dem 17. Jahrhundert besichtigen.
Wie erwartet werden aus knapp 60 km Luftlinie dann fast 100 Straßenkilometer – über zahllose Serpentinen schrauben wir uns auf und ab – Jens kann seinen motorschonenden thermisch optimierten Fahrstil weiter perfektionieren – so dass wir am Ende nur einmal eine thermische Pause machen müssen.
An der Grenze nach Albanien stecken wir zwei Autos hinter einem Touristen, der offenbar mit einem griechischen Mietwagen nach Albanien ausreisen will und vom Zoll daran gehindert wird – und das an einem einspurigen Grenzübergang. Hinter uns stauen sich die Autos, es bleibt nichts anderes als geduldig zu warten bis der Mietwagenfahrer aufgibt und sich zurück nach Griechenland schleusen lässt.
Danach geht es zügig, der Albanische Zoll erfasst unsere Daten im Computer, nicht mal das „Ü“ im Kennzeichen schreckt den Beamten, der uns dann mit einem lauten „Tschüss“ verabschiedet.
Die Hauptstraße nach Girokaster ist perfekt ausgebaut und unterscheidet sich von einer Bundesstraße nur dadurch dass regelmäßig die Strecke verengt wird, eine Trupp Polizisten wahlfrei (albanische) Autos anhält, gut gesichert durch einen Kollegen mit Kalaschnikow, der einige Meter weiter im Schatten alles beobachtet.
Ausländische Autos scheinen sie nicht zu interessieren – wir werden jedes Mal durchgewunken.
In Girokaster gelingt es uns dank der guten Beschilderung auf Anhieb die Altstadt zu finden und auch das gesuchte Haus aus dem 17. Jahrhundert.
Unter den Kommunisten enteignet und zum Museum umfunktioniert ist es heute wieder im Besitz der Familie und wir werden für 2 Euro pro Person von der Enkelin des letzten vorkommunistischen Besitzers durch die Räume geführt. Schon im 17. Jahrhundert hatten die Albaner eine Vorliebe für Bunker, im Erdgeschoss gibt es einen extra gesicherten Raum, in dem sich die Bewohner bei Gefahr zurückziehen konnten. Mit einer eignen Zisterne für das Haus die mehr als 100 m³ fasst konnten man es lange aushalten,
Darüber lagen die „Winter-Räume“ — alle mit einen eigenen offenen Kamin beheizt, neben dem Schlafzimmer des Hausherren sogar mit einem eigenen Hamman.
Besonders beeindruckt hat uns die Erdbebensicherung die die Erbauer eingebaut hatte – etwa jeden Meter unterbricht einen Lage Kastaninenholz das Mauerwerk – dadurch wird das starre Mauerwerk hinreichend elastisch um auch Erdstöße überstehen zu können.
Beeindruckt von der Leistung der Albanischen Ingenieure machen wir uns wieder auf den Weg. Jens blättert im Grundmann`schen Reisehandbuch Albanien und findet einen „rote“ Route, die ungefähr in die richtige Richtung führt. Ungefähr meint einen Umweg von fast 150 km und „rot“ bedeutet, dass die Route im Kernteil nur von Geländewagen befahren werden sollte.
Bianca programmiert ohne die Wegpunkte genau zu kennen (die hatten wir natürlich nicht in Quo Vadis geladen) die Route ins Nüvi …und los geht es.
Mit etwas Mühe finden wir den südlichen Einstiegspunkt – Straßenbauarbeiten machten es etwas komplizierter….also Business as Usual in Albanien.
Nach knapp 10 km hört wie versprochen der Asphalt auf, die nächsten 50 km sollen unbefestigt sein. Zuerst geht es harmlos los, eine übliche Schlaglochpiste mit losem Belag. Doch bald windet sich die Straße (die als Nationalstraße ausgewiesen ist) in die Berge, die kleinen Steinchen werden größer, der Straßenrand ist auch schon mal weggebrochen.
Dann eine kleine Stufe und wir wähnen uns auf einer alten Römerstraße…aus groben Steinen gepflastert rüttelt es uns gut durch. So schrauben wir uns über viele Kurven hoch und runter, der Belag wechselt immer wieder zwischen losen Felsbrocken, Kies, Römerpflaster und jeglicher Kombination davon, garniert mit tiefen Schlaglöchern und Bruchkanten bez. Stufen.
Jens Aufmerksamkeit ist ständig gefordert, damit es die Fuhre nicht zu sehr durchschüttelt. Dank unserer großen Räder und der hinreichenden Bodenfreiheit ist es fahrerisch nicht zu anspruchsvoll – gute Ausrüstung macht das Leben mal wieder einfach.
Nach gut 20 der 30 Offroad-km kommt uns ein polnischer Opel entgegen – eine ganze Familie möchte den Trail durchfahren.
Wir kommen ins Gespräch und raten zum Umkehren – die Polen meinen das wäre ein langer Weg bis hier her gewesen, sie würden lieber weiter fahren. Noch wissen sie und wir nicht, dass sie weniger als ein Drittel der Offroad-Strecke bewältigt hatten, der bis auf ein kurzes Stück harmloser als der für sie folgende Abschnitt ist. Leider werden wir nie erfahren ob sie mit intakten Reifen und Ölwanne angekommen sind.
Nach unserer Streckenbeschreibung war diese seltsame Begegnung etwa auf halber Strecke des nicht befestigten Abschnittes – umso erstaunter sind wir als wir nach knapp 10 km ein Schild Tempolimit 40 km/h Stunde sehen. Die spinnen die Albaner — wir haben doch keinen Rallye-Auto, sondern einen Reisewagen…doch dann sehen wir es…ein makelloses Asphaltband, das 15+ km der versprochenen Strecke gefressen hat. Uns fallen wieder die mutigen Polen ein…und was sie gerade durchmachen wenn sie nur knapp 10 km offroad gefahren hatten.
Am Ende der Tourbeschreibung angekommen suchen wir den schnellsten Weg zurück ans Meer. In Vlora treffen wir wieder auf die Küstenstraße. Wir sind diese Strecke schon mindestens zweimal gefahren und erkennen doch nichts wieder. Die Bautätigkeit in Albanien ist echt atemberaubend. Hotels sind entstanden wie Pilze nach einem warmen Sommerregen.
Die einsame Bucht, die Jens im Kopf hatte haben wir auch gefunden…südlich vom Vlora, aber statt einer Piste führt eine perfekte Straße runter, neben der noch die Baumaschinen stehen, die eben diese Straße gebaut haben…und unten stehen zahllose PKWs, eine Open-Air Disko ist entstanden und von Einsamkeit keine Spur.
Wir beschließen wieder den Campingplatz vom letzten Mal aufzusuchen….und diskutieren angeregt wo der denn sei. Vor oder hinter Himare?
Zeit für die Diskussion haben wir reichlich, weil vor uns ein Toyota Kleinwagen mit einheimischen Kennzeichen vor jeder Spitzkehre auf Schrittgeschwindigkeit (einer Landschildkröte) abbremst und auch sonst panisch in die Eisen steigt, wenn der Tachometer 40 km/h übersteigt. Auf der kurvigen unübersichtlichen Strecke ist an Überholen nicht zu denken und auch weder durch Hupen noch Anblinken lässt sich die Fahrerin bewegen die Kolonnen hinter hier in einer der zahllosen Ausweichweichstellen vorbei zu lassen.
IN Himare (also weder davor noch dahinter) hat Jens die Intuition zum Strand runter zu fahren — und sofort setzt das Erkennen ein…hier ist der kleine Campingplatz mit dem perfekt deutsch sprechenden Besitzer: Camping Kranea
Unser Jeep wird sofort wiedererkannt und wir bekommen erst mal ein Kühles Bier auf’s Haus…die Anspannung fällt von uns ab.
PS: Free Wi-Fi hat auch auf albanischen Campingplätzen Einzug gehalten!