Unterwegs sind wir immer mal wieder auf die gleichen Autos gestoßen. Marokko ist ein riesiges Land, aber die Overlander zieht es doch immer mal wieder zu den gleichen Orten.
Schon bei Sis R’bat südlich von Agadir war uns ein deutscher Mercedes G mit einem recht ungewöhnlichen Aufbau aufgefallen – besonders ungewöhnlich, weil das Auto von zwei Männern bewohnt wurde.
Am nächsten Tag im Ksar Tafnidilt wo wir einen Ruhetag zu Biancas Geburtstag einlegen wollen trafen wir die zwei wieder und kamen ins Gespräch. Einer von den Beiden lebt in Marokko und konnte uns viele Dinge der politischen Verwaltung endlich mal erklären, die wir nie verstanden hatten. So existiert neben den gewählten politischen Amtsträgern einen Parallelstruktur, die die Stammes-Verhältnisse abbildet und vom König ernannt wird, formell nur beratend, praktisch aber mit Verhinderungsmacht ausgestattet.
Am späten Nachmittag fahren stoßen noch ein Schweizer Paar (Debbi und Dominic) und ein Österreicher (Markus) mit einem Overland-KIA (!) dazu. Das besondere am Kia ist der eingebaute Kaffee-Vollautomat – ein Österreicher reist nie ohne den richtigen Kaffee.
Leider muss der in Marokko lebenden Deutsche wieder abreisen, die Arbeit ruft in Rabat, aber der G-Fahrer hat noch Zeit – so beschließen wir ein Stück zusammen zu reisen.
Der Ksar Tafnidilt liegt etwas abseits, nur über eine (gut befahrbare) Piste erreichbar. Von der N1 aus ist der Ksar nicht zu sehen, erst nach einigen Kurven wird er auf dem Hügel liegend sichtbar – wie eine Erscheinung stehen die Gebäude im Nirgendwo.
Liebevoll und mit Blick aufs Detail ist der historisch erscheinende Bau erst in den letzten Jahren erstellt worden. Im Gegensatz zu so manchen jüngeren Bau an der Küste ist hier auch kein Wartungsstau erkennbar, Tagsüber kümmern sich 3-4 Angestellte darum, dass es so bleibt. Die Betreiber sind Franzosen und wissen auch, was eine solche Anlage wert ist. Die Preise sind verglichen mit Europa immer noch zivil, aber um die 10 Euro für das Camping muss man dann schon rechnen.
Dafür gibt es makellose Sanitäranlagen, warme und gut regulierbare Duschen und einen Sternenhimmel ohne störendes Streulicht!
Mit Günter und seinem G fahren wir gemeinsam weiter in Richtung der Lagune von Khenifiss. Diese Süßwasser-Lagune ist für die Zugvögel die über die Sahara fliegen wollen so etwas wie ein letzter Rastplatz mit Wasser und Futter satt.
Entlang der Kante gibt es einen Parkplatz… auf dem zwar Camping verboten ist, aber übernachten erlaubt…. Jedenfalls kommt Abends ein Mensch mit „offizieller“ Aura und sammelt von jedem Overlander 20 Dha (~2 Euro) und einen „Fiche“ ein um uns zu registrieren.
Dort treffen wir auch wieder auf das Schweizer-Österreichisches Team und tauschen Routenpläne und Koordinaten aus.
Wir wollen mit Günter nach den Wegpunkten aus dem „Gandini“ – dem französischen Gegenstück zum Marokko Führer der Pistenkuh zu den Wasserfällen von Khaoui Naam.
Bianca liest „piste facile“ und beruhigt schlafen wir ein. Vorher haben wir noch die wichtigsten Wegpunkte auch in unser Tablet gehackt und die Routenbeschreibung soweit verstanden….
Morgens geht es dann erst 12 km zurück auf der N1, dann der Einstieg zu Piste. Die ersten Wegpunkte sind schnell gefunden, wir schaukeln entspannt hinter Günter her.
Bei Wegpunkt „10“ vermerkt der Reiseführer „piste droite“ – auch wenn es mehrere Alternativen gibt ist unser Begleiter sich offenbar sicher und Bianca erhebt auch keinen Einspruch.
Den nächsten Wegpunkt fest im Blick erreichen wir eine Senke die wir nur mal eben queren müssen. Dummerweise haben die Winter-Regenfälle die Strecke mit unzähligen Gräben quer zur Fahrtrichtung gespickt.
Der erste Graben ist schnell überwunden – mit geübten Blick findet der G die Stellen, an denen wir drüber können…dann der nächste – wir fahren wieder parallel und finden einen Übergang.
Nach dem 10. Graben ist aus dem Spaß langsam Arbeit geworden, aber wir nähern uns langsam dem übernächsten Wegpunkt, der 11. ist weiter weg als der 12. Wegpunkt (???) . Offenbar war die „piste droite“ nicht die rechte Piste…Spuren haben wir schon länger nicht gesehen.
Für die knapp 5 km Luftlinien brauchen wir am Ende gut 2,5 Stunden.
Vielleicht hätten wir doch mal zwischendurch eine Pause machen sollen? Am letztem Anstieg verschätzt sich Jens und würgt das Auto am Hang ab, das rechte Vorderrad rutscht in ein Loch.
Motor Aus—Stille. Bianca und Günter schauen erwartungsvoll—aber Jens macht erst mal nix. Alles dreht sich vor seinen Augen. Erst mal eine Cola für den Zucker und langsam kehren die Lebensgeister zurück. Motor an—zurückstoßen und diesmal auf die Handzeichen von Günter achten…schon stehen wir oben.
Als wir endlich am Wasserfall ankommen werden wir von Debbi und Dominic mit Ihrem Iglhaut Mercedes und Markus mit dem Kia erwartet. Die Drei hatten eine andere Route gewählt und waren schon seit drei Stunden da!
Mit selbstgebackenen Brownies hat Debbi dann Jens wieder aufgepäppelt, so dass es am nächsten Tag entspannt Richtung Laâyoune (El Aaiún), der größten Stadt in den Marokkanischen Süd-Provinzen (Westsahara). Die Stadt ist von Kasernen und dem Militär geprägt, aber auch von perfekten Parks und sehr guter Infrastruktur. Den Menschen die hier Leben soll auch gezeigt werden, das die Zentralregierung sich auch um das völkerrechtlich umstrittenen Gebiet im tiefen Süden (zur Einordnung, die Kanaren sind leicht nördlich von hier) intensiv kümmert und gute Lebensbedingungen schafft.
El Aaiún ist unser Wendepunkt auf dieser Reise – ab hier beginnt die Rückreise.